Recht & Steuern
Immobilienkauf-Gewährleistung – Feuchte Wohnräume sind ein Kaufmangel, kein Haftungsausschluss bei arglistigem Verschweigen!
- Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.*
- Der übliche Haftungsausschluss im Notarvertrag beim Verkauf gebrauchter Immobilien greift nicht, wenn der Verkäufer erhebliche Mängel arglistig verschweigt, sichtbare Mangelerscheinungen bagatellisiert und/oder deren sachgerechte Behebung behauptet.**
(BGH, Urteil vom 21.06.2024 – V ZR 79/23 – vorher LG und OLG Köln; BeckRS 2024, 18935)
* amtlicher Leitsatz, ** Leitsatz des Verfassers
Problem/Sachverhalt
Die Verkäufer haben zwei im Souterrain eines Altbaus in unmittelbarer Rheinnähe (!) gelegene Eigentumswohnungen 1999 erworben. Sie ließen bei allen Außenwänden eine horizontale Sperre durch chemische Injektion einbringen. Wegen erneut auftretender Feuchtigkeitsprobleme wurden in den Folgejahren immer wieder zusätzliche Sanierungsarbeiten durchgeführt. In einem Sanierungsangebot vom Sommer 2017 heißt es, dass sich im Sockelbereich der Wohnungen Feuchtigkeitsschäden zeigten, es keine Verbindung zwischen den Bodenabdichtung und den Wänden gebe und keine Horizontalabdichtung zu erkennen sei. Im selben Jahr boten die Eigentümer die Wohnungen in einen Maklerexposé für 745.000 Euro zum Verkauf an. Darin wurde das Baujahr 1904 mitgeteilt und die Wohnungen als im Jahr 1999 „kernsaniert“ bezeichnet. Die Käufer besichtigten die Wohnungen, bei denen teilweise der Oberboden in Räumen geöffnet und der Außenputz entfernt war, mehrfach mit einem Architekten. Mit Kaufvertrag vom 20.02.2018 erwarben die Käufer die Wohnungen sodann zu einem Preis von 675.000 Euro “im gegenwärtigen, gebrauchten Zustand” und unter Hinweis auf Feuchtigkeitsschäden an der Außenwand des hinteren großen Zimmers der Wohnung Nr. 1 unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. die Käufer konnten wegen notwendiger Sanierungsarbeiten nicht wie geplant einziehen und fordern 32.551,08 Euro Schadensersatz. Das OLG wies die Klage ab.
Entscheidung
Die Revision der Käufer hat Erfolg und führt zur Zurückweisung an einen anderen Senat des OLG. Es ist zwar keine Beschaffenheit vereinbart worden; die Beschreibung im Exposé hat in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag gefunden. Die Wandfeuchtigkeit der Souterrainwohnungen stellt jedoch einen Sachmangel dar, da als Wohnungen verkaufte Räume, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, zum Wohnen nicht geeignet und infolgedessen mangelhaft sind. Auf den Haftungsausschluss können sich die Verkäufer wegen eines arglistigen Verschweigens des Mangels nicht berufen (§ 444 BGB). Die Käufer haben behauptet, die Verkäufer hätten ihrem Architekten mitgeteilt, dass die anlässlich der Besichtigung sichtbaren Feuchtigkeitsflecken seitens der Gemeinschaft behoben worden seien. Diesem Beweisangebot hätte das Berufungsgericht nachkommen müssen. Eine Offenbarungspflicht bestand. Die Erklärung der Verkäufer, ein anderer Kaufinteressent habe die Substanz der Immobilie untersuchen lassen und die noch sichtbare Öffnung der Außenisolierung habe ihnen die Qualität der Außenabdichtung vor Augen führen sollen sowie die Angaben im Exposé haben die konkreten Feuchtigkeitsprobleme bagatellisiert.
Praxishinweise
Anders als bei Feuchtigkeit in Kellerräumen von Altbauten, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, bei denen der Immobiliensenat nicht automatisch einen Sachmangel angenommen hat (BGH, IMR 2009, 216), stellt Feuchtigkeit in Wohnräumen einen Sachmangel dar. Dies gilt auch nach neuem Sachmängelrecht. Ein wirksamer Haftungsausschluss im notariellen Vertrag kann nicht pauschal erfolgen, sondern setzt die (vollständige) Offenbarung der Kenntnisse des Verkäufers, insbesondere auch vom Umfang und von den Ursachen voraus. Häufig wünschen Verkäufer vom Notar eine Formulierung im Urkundenentwurf, die den Käufer nicht “abschreckt” oder ihn vielleicht zu Nachverhandlungen über den Preis veranlasst. Dies ist gefährlich, da dies bei einer Offenbarungspflicht zur Bagatellisierung des Mangels und damit zur Bejahung eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers führen kann. Der (ungenügende) Haftungsausschluss hilft dann nicht, der Käufer kann dann trotzdem Gewährleistungsansprüche gelten machen. Knackpunkt für den Käufer ist dabei allerdings, diejenigen Umstände herauszufinden und zu beweisen, die das „böswillige Verhalten“ der Verkäuferseite belegen.
Dr. Florian Kappes
Fachanwalt für Immobilienrecht
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