Politik & Wirtschaft

Wohnungsbaugespräch 2024 – Klimafreundlich und bezahlbar bauen?

Auf Initiative der Bauinnung Landsberg am Lech fand am 10. Juli 2024 im Landratsamt Landsberg eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung statt, bei der Vorstand Dr. Kappes für Haus & Grund Landsberg teilgenommen hat.

Als erster Redner fungierte Johannes Edmüller, Präsident des bayerischen Ziegelindustrieverbandes (vgl. Bild), der verschiedene Forderungen der Baustoffindustrie formulierte, um die aktuelle Krise insbesondere beim Neubau zu stoppen. Zunächst sollten seiner Auffassung nach die Standards beim Bauen abgesenkt und vor allen Dingen die Gebäude „endtechnisiert“ werden. Helfen könnten attraktive und verlässliche Förderbedingungen, der Abbau bürokratischer Hemmnisse und Technologieoffenheit.  Er beklagte in diesem Zusammenhang insbesondere die bayerische Holzförderrichtlinie, die aus seiner Sicht ab Ende 2023 einseitig den Baustoff Holz zulasten anderer Baustoffe, wie insbesondere den auch in der Region Süddeutschland hergestellten Baustoff Ziegel, begünstige. Zuletzt wünschte er sich den Wegfall der Grunderwerbsteuer für die erste, selbstgenutzte Immobilie, was aktuell eine Forderung der bayerischen CSU an die Bundespolitik sei.

Als nächster Redner, trat der Landrat Thomas Eichinger ans Pult. Angeblich seien die Baugenehmigungszahlen im Landkreis Landsberg gar nicht so stark eingesunken, wie in anderen Landkreisen – was aber Widerspruch zu den Zahlen seines Vor- und Nachredners stand. Der Indikator „Anzahl von Baugenehmigungen“ ist meiner Meinung nach aktuell auch mit Vorsicht zu genießen: Die Tatsache, dass ein Bauherr eine Baugenehmigung beantragt und auch erhält, sagt momentan noch lange nicht aus, dass er damit auch tatsächlich baut!

Der Landrat wies auf die extrem gestiegenen Baukosten der letzten vier Jahre hin: Nach Wahrnehmung der kreiseigenen Bauverwaltung von 2020 – 2024 liege deren Steigerung bei ca. 40 %, d. h. bei satten 10 % pro Jahr. Dies mache nicht nur für die öffentliche Hand das Bauen teuer, sondern natürlich auch für alle anderen Bauherrn. Aus meiner Sicht enttäuschend war sein Verweis, auf die angeblichen Bemühungen der bayerischen Staatsregierung gestellt von CSU und Freien Wählern zur oft beschworenen „Entbürokratisierung“: Diese sähe so aus, dass die Vielzahl von Normen zwar bliebe, nur deren Kontrolle würden (zunächst) wegfallen und in die Eigenverantwortung der Bauherren und anderen Baubeteiligten (insbesondere Bauunternehmen, Planer und Architekten, aber auch projektbegleitende Rechtsberater) gegeben: Dies führt mit Sicherheit nicht zu einer Beschleunigung oder Kostenverringerung bei Bauprojekten: Die Bauherren müssen sich damit mit einer Vielzahl von selbst bezahlten Fachleuten ausstatten, um ein Vorhaben danach einigermaßen rechtssicher selbst zu realisieren. Anderenfalls werden nachlaufende Auseinandersetzungen und Streitigkeiten mit Behörden oder Nachbarn riskiert, wegen Einhaltung oder Nichteinhaltung von Normen.

Es ist aus meiner Sicht ein Armutszeugnis, wenn die öffentliche Verwaltung selber vor ihrer eigenen Normenanzahl kapituliert und erwartet, dass diese dann schon von den Bürgern: Innen und Baufirmen eingehalten werden.

Als weiteres gab Bauinnungsmeister und Veranstaltungsorganisator Norbert Kees zu bedenken, dass sich zwar der rechnerische Energiebedarf in den letzten 20 Jahren pro Quadratmeter Wohnfläche um rund zwei Drittel abgesenkt habe, der Flächen Verbrauch pro Person habe sich jedoch verdoppelt: Somit hätten sich unter dem Strich die gesamten Energie-Verbrauchswerte pro Bewohner nicht allzu stark abgesenkt, die Kosten, um die erhöhte Energieeffizienz sicherzustellen, seien aber laufend gestiegen. Er brachte insofern ein anschauliches Beispiel, wonach sich die Beton-Deckenstärken im Wohn- und Gewerbebau aufgrund von erhöhten Baustandards im Zusammenhang mit der maximalen Deckendurchbiegung um 2-4 cm erhöht hätten, was zu nicht unerheblichen Kostenerhöhungen geführt habe.

Es bleibt abzuwarten, ob der auf Bundesebene gerade in Umsetzung befindliche Gebäudestandard E (= Einfach) hier eine Verbesserung bringt. Das Bundesjustizministerium ist hier gerade bei der Umsetzung, um diese neue Definition auch im Bauvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches zu verankern und deren Vereinbarung zu ermöglichen. Mal schauen, was dabei herauskommt …

Initiative der Bayerischen Architektenkammer zusammen mit dem Bayerischen Ministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr zum „Gebäudetyp-e“ im öffentlichen Baurecht.

Fazit

Die erhobenen Forderungen hören wir auf Konferenzen und Kongressen schon seit vielen Jahren, leider haben sich meiner Wahrnehmung nach seither weder die Anzahl der Normen verringert, noch haben sich die staatlichen Rahmenbedingungen grundlegend verbessert. Das Gegenteil ist der Fall! Was die letzten zwei Jahre die Situation im Neu- und Altbausektor stark verschlechtert hat, sind die wieder „normalen“ Darlehenszinsen: Seitdem das Leihen von Geld wieder etwas kostet und gleichzeitig auch die Anlage von Kapital wieder Zinsen abwirft, hat sich die Neigung, die bisher geforderten Preise im Neu- oder Gebraucht-Immobilienbereich auszugeben, sowohl bei privaten als auch gewerblichen Kapitalanlegern stark verringert. Meine Einschätzung ist, dass sich beim aktuellen Zinsniveau, sich daran grundsätzlich erst einmal nichts ändert.

Wer Immobilien besitzt, kann sich über gute bis sehr gute Vermietungsnachfrage freuen. Wohnraum bleibt in unserer Region eine knappe Ware, deren Preis (Miete) weiter steigen wird.

Dr. Florian Kappes
Vorstand Haus & Grund Landsberg